Als einer der Akteure im Bereich der Stadtentwicklung, realisiert Bouygues Construction zahlreiche Projekte, in denen Mobilität eine zentrale Rolle spielt: städtische Wohnungsbauprojekte mit LinkCity, die Planung und der Bau von Dienstleistungsimmobilien, Infrastrukturprojekte (Brücken, Tunnel, Straßen, Bahnstrecken etc.), die Einrichtung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge und Smart-City-Projekte mit Bouygues Energies & Services. Ende 2017 hat Bouygues Construction eine Initiative für eine verbesserte Zusammenarbeit ins Leben gerufen, mit der neue Entwicklungen identifiziert und zukunftsweisende Lösungen für neue Anwendungsfälle entwickelt werden sollen.
Virginie ALONZI, Leiterin für strategische Entwicklung bei Bouygues Construction, berichtet uns von den Ergebnissen dieser Arbeit.
Welche Veränderungen kennzeichnen derzeit die Mobilität in Städten?
Die Städte von heute müssen zahlreiche Herausforderungen meistern. Eine dieser Herausforderungen ist die Mobilität. Die mobile Welt verändert sich derzeit stark und unterschiedliche Entwicklungen nehmen Einfluss auf unser Leben. Zunächst haben die vom Funktionalismus geprägten fordistischen Städte und das demografische Wachstum die Streuung von Wohn- und Arbeitsstätten sowie die Zersiedelung begünstigt. Das digitale Zeitalter hat unseren Alltag weitestgehend auf den Kopf gestellt: Konsum, Bildung, Arbeit, Freizeit, Wohnen, Fortbewegung – auch vor der Mobilität machen diese Veränderungen keinen Halt.
Sie sind unterschiedlicher Natur und gehen einher mit der Entwicklung neuer Lebensmodelle, einer zunehmenden Urbanisierung und dem Auftauchen neuer Akteure. Mit all diesen Faktoren müssen wir uns auch im Bereich der Mobilität beschäftigen. Gleichzeitig entwickelt sich ein stärkeres Bewusstsein für die Beeinträchtigungen, die mit der Nutzung bestimmter Verkehrsmittel verbunden sind: Staus, Lärmbelästigung, Schadstoffbelastung und weitere Belastungen für die Umwelt und Gesundheit. Die Städte und Regionen müssen diesen negativen Auswirkungen entgegenwirken und Optionen aufzeigen, mit denen die Erwartungen der Bürger von heute erfüllt werden können und ein weitestgehend stressfreier Alltag sowie eine geringere Umweltbelastung möglich sind. Die Herausforderungen im Bereich der Mobilität sind vielschichtig, da hier sowohl soziale und gesellschaftliche Fragestellungen betrachtet, als auch Faktoren wie Umwelt, Wirtschaft und Technologien (und nicht zuletzt politische Aspekte) berücksichtigt werden müssen. Die mobile Welt unterliegt derzeit einem starken Wandel, der sich nicht nur im Verkehrs- und Transportwesen manifestiert!
Welche Rolle spielt die Mobilität in unserem Alltag?
Sie ist allgegenwärtig und ein wesentlicher Bestandteil unserer heutigen Lebensmodelle! Sie ist so präsent, dass sie auch weitere gesellschaftliche Themen betrifft: die Alterung unserer Gesellschaft, Gesundheit, Urbanität, Integration, Temporalität… Die Mobilität ist grundlegend für die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Menschen, aber auch für die Zukunft unseres Planeten.

Können Sie uns mehr über die Initiative von Bouygues Construction zur Mobilität der Zukunft erzählen?
Über einen Zeitraum von mehreren Monaten haben wir im Rahmen einer offenen und kollaborativen Initiative die Mobilität von Gütern und Personen untersucht, um gemeinsam (mit Anbietern und Nutzern) eine Vision der Mobilität für 2030 zu entwickeln. Wir haben uns mit dem Angebot und der Nachfrage im Bereich der Mobilität unter dem Aspekt der Nutzungsgewohnheiten und der Erwartungen der Bürger beschäftigt. Anbieter von Mobilitätslösungen, Kommunen, Institutionen, Unternehmen, Startups, Soziologen, Experten aus der Immobilienbranche und weitere Akteure haben sich an den Überlegungen beteiligt und ihre Visionen geteilt. Die entwickelten Ideen wurden soziologischen Aspekten gegenübergestellt und sind eine Mischung aus Beiträgen von Sachverständigen und Zukunftswerkstätten. Unsere Ergebnisse stützen sich ebenfalls auf eine Umfrage des französischen Marktforschungsinstituts Observatoire des Usages Emergents de la Ville (OUEV), das 4.000 Franzosen und 3.000 Europäer zur Entwicklung in Städten und zur Einführung neuer Ansätze im Bereich der Mobilität befragt hat. Im Rahmen der Initiative hoffen wir als Akteur im Bereich Stadtentwicklung neue Überlegungen und Wege für die Verbesserung der Lebensqualität eines jeden Einzelnen aufzuzeigen, mit denen wir dank eines auf die Nutzungsgewohnheiten ausgerichteten Ansatzes gleichzeitig die Umweltauswirkungen minimieren können. Wir glauben, dass sich die zukünftige Stadtentwicklung und die Entwicklung neuer Mobilitätsinitiativen an den Gewohnheiten der Bürger orientieren muss!
Wie kann man die Planung von Städten und ländlichen Regionen überdenken, um die schädlichen Auswirkungen der Mobilität zu mindern und eine nachhaltige Mobilität für alle zu fördern?
Für die zukünftige Planung von Städten haben wir uns mit 5 Themenbereichen beschäftigt, die die aktuellen Diskussionen zur Mobilität der Zukunft prägen: Mobilität in Vorstädten: Seit einigen Jahren gibt es in Stadtzentren und Metropolen zahlreiche neue Angebote: Sharing von E-Bikes und -Scootern, Carsharing, Mitfahrangebote usw. Diese neuen Mobilitätsangebote unterstützen zusätzlich ein bereits gut ausgebautes öffentliches Verkehrssystem und erleichtern den Alltag der bereits sehr mobilen Bürger in den Städten. Welche Lösungen gibt es für weniger dicht besiedelte Gegenden? Müssen hier bestehende Lösungen angepasst oder neue Modelle entwickelt werden und vor allem wie? Persönliche Daten und Mobilität: In den vergangenen Jahren haben zahlreiche öffentliche Anbieter Open-Data-Initiativen gestartet. Digitale Giganten haben erfolgreich individuelle Mobilitätsangebote bereitgestellt, im Zuge derer sie unsere persönlichen Daten nutzen. Welche neuen Regelungen und Richtlinien für persönliche Daten sollte es geben und welche Rolle spielen hierbei die privaten Anbieter? Was versteht man unter „Daten von allgemeinem Interesse“ und welche Dienstleistungen könnte man in Bezug auf Daten anbieten? Autonome Fahrzeuge: Wie können autonome Fahrzeuge – ungeachtet der technischen Debatte um das autonome Fahren – für die Überwindung der Herausforderungen in Städten genutzt werden? Sind autonome Fahrzeuge eine gute Möglichkeit für die Schaffung ruhiger öffentlicher Bereiche und für die Verbesserung der Lebensqualität in Städten? Und wenn ja, zu welchen Bedingungen?

Demobilität: Wie können Akteure im Bereich der Stadtentwicklung lokale Dienstleistungen wie gemeinsam nutzbare Fahrzeuge, Arbeitsstätten, Hausmeisterdienste in oder in der Nähe von Wohn- oder Bürogebäuden etc. fördern? In anderen Worten: Wie können Stadtplaner Angebote in der direkten Nachbarschaft schaffen?
Die Mobilität von Gütern istgenauso unerlässlich wie die Mobilität von Personen. Das exponentielle Wachstum des Internethandels und die damit verbundene Zunahme des Güterverkehrs in den letzten Jahren wirft weitere Fragen auf. Welche lokalen Regelungen sind im Bereich der Logistik möglich und welche Rolle spielen hier möglicherweise die
Stadtplaner?
„Die Mobilität ist grundlegend für die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Menschen, aber auch für die Zukunft unseres Planeten.“
Virginie Alonzi
Gemeinsame Workshops?
Wir haben 4 Punkte identifiziert, die für die Entwicklung neuer Mobilitätsstrategien wichtig sind:
Lösungen für eine verbesserte Mobilität müssen für alle gedacht sein. Weil die Mobilität in unserem Leben so wichtig ist, müssen in die Diskussion auch weitere gesellschaftliche Themen einbezogen werden: die Alterung unserer Gesellschaft, Gesundheit, Integration etc. Für die Entwicklung von Dienstleistungen in der Nachbarschaft und für neue Lösungen im Bereich der Mobilität gilt es unterschiedlichste individuelle Profile und Bedürfnisse zu berücksichtigen. Wie? Durch die Förderung soziologischer Aspekte und der Gestaltung von Services sowie durch die Nutzung bereits vorhandener digitaler Tools der Civic Tech. Der Nachfrage nach Angeboten in der direkten Umgebung gerecht werden. Eine Zahl: 72 % der Franzosen möchten regionale Einrichtungen wie Schulen, Poststellen und Ärzte in der direkten Umgebung erhalten. Laut dem französischen Marktforschungsinstitut OUEV sind die Erwartungen eindeutig: Eine hohe Lebensqualität in Städten kann nur durch ruhige und grüne Bereiche und einen optimalen Zugang zu örtlichen Infrastrukturangeboten erreicht werden. Letztlich bedeuten Angebote im Rahmen der Mobilität vor allem einen einfachen Zugang zu Ressourcen, Dienstleistungen und sozialen Kontakten. Dazu gehören unter anderem multifunktionale Orte, die den Austausch fördern, ohne eine bestimmte Nutzung vorzuschreiben, der Zugang zu lokalen Lebensmitteln und Produkten, die Schaffung autofreier öffentlicher Bereiche, Plätze zur Förderung einer guten Nachbarschaft, die Unterstützung von sozialem Austausch sowie gute Nachbarschaftsnetzwerke. Eine nachhaltige Mobilität fördern. Die Zahlen des OUEV sind eindeutig: 32 % der Franzosen wünschen sich eine umfangreichere, nicht motorisierte Mobilität und Akteure im Bereich der Stadtentwicklung können diese neuen Gewohnheiten fördern und entsprechend agieren. > Indem sie Formen der sanften Mobilität, insbesondere das Zufußgehen und Radfahren, durch eine entsprechende Planung von Außenbereichen und Parkmöglichkeiten fördern, Mobilitätsangebote einrichten (die über Parkmöglichkeiten hinausgehen, wie beispielsweise Mobility Hubs) und indem sie die Elektromobilität fördern.
Ein paar Worte zum Abschluss
Ein gutes Ökosystem für die Nutzer schaffen. Eine Zahl aus dem Bereich der integrativen Mobilität: 50 % der Personen, die vor der beruflichen Wiedereingliederung stehen, haben in der Vergangenheit einen neuen Job oder eine neue Ausbildung aus Gründen der Mobilität abgelehnt. Fahrten reduzieren, lokal konsumieren, lokale Dienstleistungen im eigenen Wohnviertel nutzen, sanfte Mobilität fördern, Homeoffice … all dies führt zu einem Wandel im Bereich der Mobilität und schafft eine neue Nähe in unserem Alltag. Das starke Bedürfnis nach lokalen Angeboten stellt unsere Gewohnheiten in Frage und lädt dazu ein, unsere Lebensweise zu überdenken und neue Wege im Bereich der Entwicklung und Planung von Städten zu gehen, die den neuen Anforderungen der Gesellschaft gerecht werden. Mobility Hubs können eine mögliche Lösung sein: ein engmaschiges Netz an Mobilitätsangeboten und gleichzeitig Orte für die Konzentration von Ressourcen für den täglichen Bedarf und weiteren Infrastrukturangeboten. Bruno Marzloff, Soziologie und Experte in puncto Mobilität und Sponsor unserer Initiative, betont: „Geografische Nähe ist heute unerlässlich für das Leben in der Stadt“.
Infrastrukturen müssen für eine langfristige Nutzung geplant werden. Es wird zunehmend wichtig, Gebäude und Infrastrukturen so zu gestalten, dass sie resilient gegenüber Krisen, Unsicherheiten und Veränderungen sind.
- Anpassung von Gebäuden und Infrastrukturen an Klimakrisen, zum Beispiel durch weniger versiegelte Flächen und die Schaffung von grünen Inseln. Dies setzt allerdings eine bessere Kenntnis der bestehenden Infrastrukturen und eine optimale Analyse von Schwachstellen voraus.
- Die Nutzung von Einrichtungen maximieren: unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten eines Ortes ermöglichen, die gemeinsame Nutzung von Infrastrukturen und Straßen organisieren. Es entstehen vermehrt Projekte mit dieser Flexibilität und vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten.
- Die Lebensdauer von Infrastruktureinrichtungen wie Parkhäusern durch Möglichkeiten der Umnutzung verlängern.